Wie können Städte trotz knapper Wasserressourcen grüne Oasen erhalten? Ein Forschungsteam, koordiniert von der Bauhaus-Universität Weimar, hat mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt eine neue Nutzung von Regen- und Grauwasser entwickelt. Das Ergebnis: Aufbereitetes Grauwasser aus Waschbecken, Duschen, Badewannen und Küchen leistet einen Beitrag zur nachhaltigen Bewässerung von Grün- und Freiflächen im urbanen Wohnumfeld. Eine infrastrukturelle Anpassung sowie intelligente Speicher- und Regelungskonzepte machen die Ressourcen effizient und bedarfsgerecht verfügbar.
Umweltbundesamt: 2023 und 2024 jeweils rund 3.000 hitzebedingte Todesfälle in Deutschland
Der Klimawandel ist eine zentrale Herausforderung auch im Gesundheitsbereich: Dem Umweltbundesamt zufolge gab es in den Sommern 2023 und 2024 jeweils etwa 3.000 hitzebedingte Todesfälle in Deutschland. Künftig sei mit einem Anstieg zu rechnen. Davor hat am Mittwoch auch der bundesweite Hitzeaktionstag gewarnt. Die Attributionsforschung rund um ein internationales Team der World Weather Attribution Initiative hat in einer vor wenigen Tagen vorgelegten Studie die Zusammenhänge zwischen menschengemachter Klimakrise und globaler Extremhitze dargelegt – inklusive der lebensbedrohlichen Gefahren besonders für Alte, Kranke und Schwangere. Mitgründerin Friederike Otto wurde 2023 für ihre Forschungsleistungen mit dem Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt ausgezeichnet. Laut World Weather Attribution war 2024 demnach im globalen Durchschnitt eines der heißesten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Und: Die Hälfte der Menschheit – also rund vier Milliarden Menschen – haben im Vergleich zu einer Welt ohne Klimawandel von Mai 2024 bis Mai 2025 etwa 30 zusätzliche Hitzetage erlebt. Generalsekretär Alexander Bonde: „Wir müssen diese Erkenntnisse sehr ernst nehmen. Stadtplanung benötigt neue Parameter: weniger Beton und Asphalt, mehr Schutz, Schatten und grüne Oasen. Das ist lebenswichtig.“
Hitzebedingte Sterblichkeit in Städten höher als in ländlichen Gebieten
Dem Umweltbundesamt zufolge ist in Städten die hitzebedingte Sterblichkeit wegen sogenannter Wärmeinseln höher als in ländlichen Gebieten. „Wir brauchen mehr städtische Begrünungen, um die Auswirkungen solcher Hitzeinseln zu minimieren“, so Bonde. Ein solches Ziel trotz begrenzter Wasserressourcen wird also eine Zukunftsaufgabe besonders für Städte und Kommunen. Doch die urbane Vegetation ist immer häufiger auf eine Bewässerung angewiesen, um ihre Funktionen im Zuge der Klimaanpassungsstrategie zu gewährleisten. Bonde: „Die Nutzung von Grauwasser bietet sich als eine Lösung an: Das schont zugleich den Frisch- und Trinkwasserverbrauch und stärkt die Widerstandsfähigkeit von Städten gegen Klimawandelfolgen.“ Das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderte Projekt zeigt, wie es funktionieren kann: Gebrauchtes Wasser aus Waschbecken, Duschen, Badewannen und Küchenspülen wurde zunächst gereinigt, dann mit Regenwasser gemischt und könnte zukünftig in einem Modellquartier in Dortmund für die effiziente Bewässerung von Grünflächen umgesetzt werden. Bonde: „Wir müssen Wasser viel mehr wertschätzen und behutsamer damit umgehen.“
Intelligente Steuerung regelt Wasserzufuhr präzise nach Bedarf
Ein Projektkonsortium mit Fachkenntnissen aus Wohnungs- und Gartenbau, Wasserwirtschaft, Bewässerungstechnik sowie künstlicher Intelligenz und Gesundheit hat im Zuge des Projekts ein Wassermanagement entwickelt, das dezentrale, anpassungsfähige und computergestützte Systeme integriert. Projektleiter Silvio Beier von der Bauhaus-Universität Weimar: „Die Steuerzentrale ermöglicht eine bedarfsgerechte Bewässerung: Sie misst kontinuierlich die Bodenfeuchte und steuert die Wasserzufuhr präzise nach Bedarf.“ Dadurch erfolge eine schnellere Reaktion auf Veränderungen in der Umwelt und den Grünanlagen – dezentral direkt vor Ort. Digitalisierung sei entscheidend für die effiziente Wassernutzung. Beier: „Künstliche neuronale Netze helfen bei Datenanalyse und zur Fehlererkennung, ‑isolierung und ‑behebung von Defekten mittels Sensoren.“
Modellquartier „Bergmannsgrün“ in Dortmund – Internationale Gartenausstellung 2027
Laut Beier erfolgt eine physikalische, chemische und mikrobiologische Analyse der Grauwasserqualität. Zudem werden das gereinigte Grauwasser aus Haushalten sowie das Regenwasser von Dachflächen in einem Zwischenspeicher gebündelt. Beier: „Der Zwischenspeicher dient als Reservoir für die Bewässerung und als saisonaler Wärmespeicher.“ Bewohner:innen sollen aktiv in den Prozess der Grauwassernutzung eingebunden und über Ziele, Vorteile und technische Aspekte der Grauwassernutzung informiert werden. „Das erhöht den lokalen Mehrwert und die gesellschaftliche Akzeptanz“, so Beier. Als Untersuchungsgebiet diente das Modellquartier „Bergmannsgrün“ der Firma Vivawest Wohnen in Dortmund-Huckarde, das im Kontext der Internationalen Gartenausstellung 2027 entsteht.












